Ja und nein.
Für den Beobachter mag es durchaus die Situation geben, dass über ihm blauer Himmel ist und er trotzdem in der Nähe einen Blitzeinschlag beobachtet - siehe Video.
Allerdings entstehen Blitze am Himmel nur durch Bewegung in Wolken aus Tröpfchen, Eiskristallen oder Staub (bei Vulkanausbrüchen). Es muss also irgendwo eine entsprechende Wolke vorhanden sein.
Gewitterwolken können weit über 10 km hoch sein (bis zur Tropopause). Tritt nun ein Blitz aus einem höheren Bereich der Wolke aus, kann es sein, dass der Blitzkanal zunächst von der Wolke weg entsteht, um dann gen Boden abzubiegen. Der Bereich, in dem der Blitz dann einschlägt, kann durchaus wolkenfrei sein - und so hat man den Eindruck, der Blitz käme aus dem heiteren Himmel. In den Medien steht dann wieder: „Der Blitz kam ganz überraschend.“
Das ist nicht ganz ungefährlich, denn oft wird ja beigebracht, dass das Gewitter nahe sei, wenn man vom Blitz bis zum Donner bis drei zählen könne. Es ist eine trügerische Sicherheit, denn ein „bolt from the blue“ kann auch mal in zehn oder mehr Kilometern Abstand zur Wolke einschlagen. Und dem ist schlicht egal, ob man vorher bis drei, bis zehn oder noch mehr zählen konnte.
Beispiele:
Nein.
Der Blitz möchte einen Potentialunterschied ausgleichen und sucht sich dazu den Weg mit dem geringsten Widerstand bzw. zur größten Potentialdifferenz. Dazu baut er mehrere Blitzkanäle auf, was man auf gut belichteten Fotos an den Verästelungen sieht. Erreicht ein Kanal den Boden, ggf. mit Hilfe eines Fangblitzes vom Boden aus, wird der Blitz dort einschlagen.
Das ist oft, vielleicht meist, die höchste Stelle, aber eben nicht immer. Im Video sehen wir, dass der Blitz vor der Laube eingeschlagen hat, an der niedrigsten Stelle. Dach, Dachrinne, Wäschespinne, Mülltonne - all das hat den Blitz gar nicht interessiert, er hat den Boden neben dem Rohr der Dachrinne bevorzugt. Weitere Beispiele:
Bei Limburg an der Lahn war es für Chaser sogar Glück, dass der Blitz nicht immer an der höchsten Stelle einschlägt: 'Wonder dat hij nog leeft'. Die höchste Stelle war ein Chaser, aber der Blitz schlug neben ihm ein. Deutsch: 20 Meter: Sturmjäger beim Knipsen fast von Blitz erwischt.
Die Aussage, dass der Blitz immer an der höchsten Stelle einschlagen würde, ist lebensgefährdend. Sie verursacht eine Sicherheit, die es nicht gibt, eine Scheinsicherheit. Leider findet man diese Aussage auch immer wieder in Medien. Fakt: Bei Gewitter ist man drin am sichersten, denn draußen kann es auch an der niedrigsten Stelle einschlagen.
Man braucht es sich nur mal vorzustellen:
Ein Blitz kommt aus der Wolke. Das kann auch mal aus gut und gern 10 km Höhe sein. Wird sich ein Blitz in dieser Höhe
ausgerechnet einen Regenschirm aussuchen? Der hat in der Höhe doch viel mehr Metall zur Auswahl unter sich! Oder sieht der
Blitz in 10 km Höhe tatsächlich den kleinen Regenschirm?
Und auch die Überlegung: Der Blitz hat es gerade geschafft, eine große und schwer leitende Strecke zwischen Wolke und Boden zu überwinden. Interessiert ihn da (außer in Grenzsituationen) wirklich so ein mickriges Fahrrad oder ein mickriger Regenschirm?
Wie auch bei der Geschichte mit der höchsten Stelle sind am Boden alle, die ungeschützt sind, gleichermaßen gefährdet. Eine Ausnahme kann sein, dass der Blitz bei den letzten Metern irgendwo einen Vorteil sieht, was eben auch ein Regenschirm sein kann. Ein Beispiel ist im Video bei 00:09 zu sehen, wo der Blitz zum Schluss nochmal abbiegt.
Hier spielt es dann aber auch so gut wie keine Rolle mehr, ob der Blitz direkt trifft oder knapp daneben - Schrittspannung und Druckwelle sind dann die großen Risiken.
Auch solche Aussagen, dass Regenschirme, Fahrräder oder Telefonate Risiken darstellten, verursachen Scheinsicherheiten. Am besten ist es immer drin - im Haus oder im Auto (damit aber nicht gerade an Bäumen, denn die können auch mal umfallen). Im Freien ist jeder gefährdet. Ob da nun ein Fahrrad im Spiel ist oder nicht.
Das Phänomen, das auch als Wetterleuchten bekannt ist, entsteht bei Dunkelheit, wenn ein Gewitter noch weit weg ist oder wenn es sich um schwächere Wolkenblitze handelt. Da man am Himmel sehr weit sehen kann (> 100 km), sieht man das Flackern der Blitze in den Wolken, aber man hört keinen Donner.
Das Gewitter im Video war etwas über 100 km entfernt. Hier war es eine einzelne Gewitterwolke. Ist der Himmel jedoch weiter bedeckt, können sich Crawler (Wolkenblitze, Wolke-zu-Luft-Blitze) über viele Kilometer bewegen, so dass auch das Wetterleuchten sehr grell und stroboskopartig aussehen kann.
Das stimmt unter der Voraussetzung, dass der Einschlag als tiefste Stelle des Blitzes zugleich die Stelle ist, die am nächsten zum Beobachter ist.
Zum Verständnis ist wichtig zu wissen, wie der Donner entsteht - er ist die Folge der Expansion der Luft durch Hitze des Blitzes. Diese Ausdehnung erfolgt auf dem gesamten Weg des Blitzes.
Weiterhin kommen nicht alle Blitze senkrecht zum Boden - ihre Wege sind sehr unterschiedlich. Manche haben einen langen flachen Weg, andere führen über kurvenreiche Strecken; selbst 360°-Wege sind dabei.
Wenn nun ein Blitz auf dem Weg zum Einschlag erst am Beobachter vorbeikommt, wird dieser den Donner früher hören, als es die Regel zulassen würde.
Vorsicht, Scheinsicherheit:
Die Empfehlung, die Dauer vom Blitz bis zum Donner zum Beurteilen der Entfernung des Gewitters auszuzählen, kann sehr gefährlich sein und eine Scheinsicherheit vermitteln. Siehe „1. Gibt es den Blitz aus heiterem Himmel?“.
Zunächst: Gemeinsames Merkmal von Blitzen ist, dass Strom fließt - beim Positiv- und beim Negativblitz. Gemeinsam haben beide Arten auch, dass sie unterschiedlich stark sein können. Ein Positivblitz kann 5 kA haben, ein Negativblitz 150 kA. Letzterer wäre in dem Fall also wesentlich stärker. Der einzige Unterschied ist, dass der Positivblitz i. d. R. einen längeren Weg hat, weil er aus dem oberen Bereich der Wolke kommt, der positiv geladen ist.
Im Foto sehen wir insgesamt drei Blitze. Einer hat 22 kA, einer -83 kA und einer -77 kA. Die Negativblitze sind also wesentlich stärker als der Positivblitz. Die Vorstellung, dass ein Positivblitz etwas besonders Starkes wäre, ist also so nicht ganz richtig.
Wie man den Donner nun tatsächlich wahrnimmt, ist sehr unterschiedlich und von verschiedenen Faktoren abhängig.
In erster Linie natürlich von der Stärke des Blitzes, aber auch vom konkreten Weg (und dessen Länge), den der Blitz nimmt (siehe oben). Dazu kommen dann noch Umgebungsbedingungen wie Regen (kann Geräusch dämpfen oder selbst Geräusche erzeugen), Art des Blitzes (Wolkenblitz, Erdblitz), Häuser bzw. Berge (können Schall reflektieren) usw.
Haben wir nun einen senkrechten Positivblitz aus dem oberen (positiv geladenen) Bereich der Wolke, der sehr schwach ist und im Regen einschlägt, und einen sehr starken Negativblitz, der im Trockenen zunächst eine flache Bahn hat und dann einschlägt, wird der Negativblitz ein markanteres Geräusch haben, als der Positivblitz. Im letztgenannten Fall wird man auch das bekannte Grollen (da längerer Weg und damit längere Luftausdehnung) hören, das meist den Positivblitzen zugeschrieben wird.
Unter identischen Bedingungen (gleiche Stromstärke, trocken, senkrechter Blitz) wird allerdings der Positivblitz schon aufgrund seines längeren Weges markanter sein - aber wer kennt schon die genauen Bedingungen?
Machen Sie den Test: In einem der Videos dieses Abschnitts ist der Donner eines Negativblitzes zu hören, im anderen Video ein Positivblitz. Der Positivblitz (Entfernung: 150 m) hatte 52 kA, der Negativblitz (Entfernung: 170 m) -14 kA. Erkennen Sie den Positivblitz?
Die Lösung gibt es am Ende der FAQ.
Artikel vom DWD: Donner - das Geräusch eines Gewitters
Wie schon bei den Positivblitzen geschrieben: Ein Blitz ist nicht wie der andere und die Wahrnehmung eines Blitzes hängt stark von verschiedenen Bedingungen ab. Am besten sind Blitze natürlich bei Dunkelheit zu sehen, wenn sie im Trockenen auftreten. Bei Tageslicht sind sie nur schwer zu erkennen, da ja auch nichts das Licht reflektiert. Ist der Blitz dazu noch im Regen, ist die Wahrscheinlichkeit, ihn zu sehen, sehr gering. Aus diesem Grund ist es unter letztgenannten Bedingungen auch oft überflüssig, einen Blitz fotografieren zu wollen.
Auch der Donner unterliegt diesen Bedingungen. So dämpfen etwa Regen und Wolken stark das Geräusch, während die Umgebung möglicherweise beim Beobachter durch den Regen lauter ist. So kann es in Grenzsituationen durchaus sein, dass man weder vom Blitz noch vom Donner etwas mitbekommt.
Bei Wolken- und Wolke-zu-Luft-Blitzen kommt noch eine Besonderheit dazu. Sie wandern oft über mehrere Kilometer am Himmel entlang. Das Blitzsymbol auf der Karte ist aber nur an einer Stelle. Ist das dort, wo die genannten Wahrnehmungsbedingungen am schlechtesten sind oder wo der Blitz am schwächsten ist, kriegt man - vor allem bei Tageslicht - weder vom Blitz noch vom Donner etwas mit.
Die große horizontale Ausdehnung ist übrigens auch der Grund, warum bei den Fotos auf dieser Website CC-Blitze (Wolkenblitze) oft keine Zuordnungen haben. Es gibt von dieser Art sehr viele, so dass es meist unmöglich ist, einen solchen Blitz vom Foto der Blitzkarte zuzuordnen.
Es gibt regional schon Unterschiede bei den Einschlaghäufigkeiten. Das betrifft dann aber ganze Regionen und nicht einzelne Orte. Das Gefühl, man sei in einem Gewitterloch, ist eine Täuschung.
Man kann am Himmel sehr weit sehen und deshalb auch Gewitterwolken in der Ferne. Somit kann man bei bestimmten Wetterlagen auch mehrere Gewitter oder Schauer auf einmal sehen, denn irgendwo ist dann immer etwas los. Dadurch bekommt man den Eindruck, dass es überall gewittern würde, nur beim Beobachter selbst nicht. Den gleichen Eindruck haben alle, bei denen es auch gerade nicht gewittert. Dieses subjektive Phänomen nennt man Kulisseneffekt - der DWD hat das hier sehr schön beschrieben: Gewitter - Kulisseneffekt.
Als Gewitterfan wartet man natürlich auf Gewitter. Dann sieht man oft: Gewitter über Berlin, nur bei uns nicht.
Und das passiert sehr häufig.
Aber: Das ist überall in Berlin so. Jede einzelne Stelle selbst ist natürlich wesentlich seltener von Gewittern betroffen als
Berlin insgesamt. Der Eindruck täuscht also.
Interessante und informative Websites:
Der Donner des Positivblitzes ist im ersten Video zu hören.